Heilung von Drogen- und Alkoholabhängigkeit (Polytoxikomanie)

I. M. (47), Uelzen (Deutschland)

Mein Vater starb, als ich 8 Jahre alt war. Meine Mutter ließ mich sehr behütet aufwachsen. Als ich älter wurde, brachte das Konfrontationen mit sich. Bei mir schlug sich das in Depressionen und Unruhe nieder. Deswegen hat mein Hausarzt mir Tranxilium gegeben.

Mit etwa 13 Jahren kam ich zum ersten Mal mit Drogen in Kontakt. Nach der Schule war immer die Gelegenheit, das Warten auf den Bus mit einem Joint zu überbrücken. Es wurde in unserer Clique Geld zusammengeschmissen, und jeder bekam etwas ab. Auch Aufputschmittel wie AN1 lernte ich dadurch kennen. Meine Mutter wusste davon nichts. Nach einem heftigen Streit mit ihr nahm ich eine ganze Packung Tranxilium zu mir. Ich wollte meinem Leben ein Ende setzen. Aber ich wachte am nächsten Morgen wieder auf und ging auch zur Schule.

Nach dem Realschulabschluss ging ich für ein Jahr auf einen Bauernhof. Durch eine verschleppte Erkältung erkrankte ich an einer nassen Rippenfellentzündung. Während eines anschließenden Sanatoriumaufenthalts kam ich durch eine Mitpatientin das erste Mal mit LSD in Berührung.

Abhängig von Heroin

Im September 1975 begann ich meine Ausbildung zur Krankenschwester. Ich gehörte bald zu einer Clique von Mitlehrlingen, die sich Heroin spritzten. Ich wollte endlich wissen, was denn daran so toll ist. Also nahm ich es auch. Das Zeug war damals relativ günstig zu haben, und ich verfügte schon über mein kleines Lehrlingsgehalt. Um die Sache im „Griff“ zu haben, spritzte ich zunächst nur so viel, dass ich nicht körperlich abhängig wurde. Im Winter 1975 erkrankte ich an einer Hepatitis B. Nach dem Krankenhausaufenthalt kam ich wieder mit meiner alten Umgebung in Berührung, wurde rückfällig und spritzte wieder. Wegen der sich verschlechternden Leberwerte wurde ich wieder krankgeschrieben. Total abgemagert und jetzt voll von den Drogen, bemerkte ich nicht einmal, wie krank ich war. Das war im April 1976. In diesem Zustand besuchte mich meine Mutter, worauf ich ihr alles gestand. Für sie war es wie ein Schlag ins Gesicht. Sie ließ mich dann nach Hause holen. Das Krankenhaus erfuhr von meiner Abhängigkeit, und ich musste meine Ausbildung zur Krankenschwester abbrechen.

Zu Hause behandelte mich unser Hausarzt weiter. Es ging mir sehr schlecht und die Leberwerte waren stark erhöht. Ich weigerte mich, ins Krankenhaus zu gehen, weil ich Angst vor dem Drogenentzug hatte. Mit Valoron überbrückte ich die Entzugserscheinungen, bis sich mein Arzt weigerte, mir die Tropfen weiter zu verschreiben. Ich hielt es nicht lange bei meiner Mutter aus und ging wieder nach Uelzen zurück. Dort fing ich auch bald wieder an, Heroin zu spritzen.

Therapie - Rückfall - kalter Entzug

Ich traf auf einen abhängigen Freund, der mir erzählte, dass er eine Therapie machen wollte. Er berichtete mir von der Drogenberatungsstelle in Lüneburg. Mich befiel Todesangst, weil die Leberwerte schnell wieder schlechter wurden und deshalb ging ich dann auch zur Drogenberatungsstelle. Überraschend schnell bekam ich einen Langzeittherapieplatz in der Nähe von Lüneburg. Nach 18 Monaten schloss ich die Therapie erfolgreich ab. Meine beste Freundin und einige andere aus der Therapie wurden rückfällig. Ich wollte aber clean bleiben und entschloss mich aus dieser Umgebung zu flüchten und zog 1979 nach Berlin.

Dort wurde ich nach ungefähr einem halben Jahr auch rückfällig und war schnell wieder abhängig. Ich nahm einen jungen Mann in meine Wohnung auf, der immer Heroin bei sich hatte. Miete und Essen hat er bei mir in „Naturalien“ (Heroin) bezahlt. Ich ging noch meiner Arbeit nach, merkte aber, dass es mir körperlich immer schlechter ging. Der junge Mann wurde als Dealer von der Polizei verhaftet und ich mit ihm.

Vom 8. Februar bis 24. November 1980 war ich in Untersuchungshaft. Ich hatte dort einen fürchterlichen „kalten“ Entzug, d. h. es kam keine ärztliche Hilfe, und ich war in einer verdreckten Zelle, völlig verängstigt auf mich allein gestellt. Die Erlebnisse dieser Zeit mit den Folgen der Drogensucht und diesen erniedrigenden Abstieg fühlbar vor Augen, hatten in mir den Wunsch gefestigt: Nie wieder harte Drogen!

Legale Droge Alkohol

Als ich das Gefängnis verließ, pflegte ich den Kontakt zu einer anderen Clique, in der harte Drogen kein Thema war. Etwa zwei Jahre lang festigte sich mein Leben etwas. Ich arbeitete wieder in einem Restaurant und hatte auch wieder eine eigene Wohnung. Haschisch, das ich durchweg rauchte, galt für mich nicht als harte Droge.

Ende 1982 lernte ich einen Mann kennen, von dem ich bald ein Kind erwartete. Dieser Mann erwies sich als unzuverlässig. Ich trennte mich von ihm. Am 30.10.83 wurde mein Sohn geboren. Ich verlor meine Festanstellung und schlug mich als alleinerziehende Mutter so durch. Zu meiner Familie hatte ich kaum noch Kontakt.

Durch Finanznöte kamen Existenzängste in mir auf. Depressive Zustände legten mich lahm. Immer mehr geriet ich wieder in den Sog von „hilfreichen“ Drogen. Neben Haschisch, Speed und Kokain rutschte ich immer mehr in die legale Droge Alkohol. Ich trank bei allen Gelegenheiten ziemlich viel, um den Alltag überhaupt ertragen zu können.

Aus Höflichkeit zugehört

Am 2. April 1986 wurde ich von zwei Freundinnen in die Lehre Bruno Grönings eingeführt. Ich war mehr als skeptisch und hörte eigentlich nur zu, um meiner Freundin gegenüber nicht unhöflich zu sein.

Mein Kontakt zur Bruno Gröning-Gemeinschaft war nach der Einführung eher locker. Dass ich es nicht ganz verwarf, lag eher daran, dass es eine Empfehlung meiner Freundin war. Wenn ich telefonisch zu den Gemeinschaftsstunden eingeladen wurde und es gerade passte, ging ich anfänglich eher unregelmäßig hin. Es tat mir einfach gut, merkte ich. Meistens hatte ich eine „Fahne“, wenn ich die Gemeinschaftsstunde besuchte. Ich stellte mich alleine nur ein, wenn ich in großer innerer Not war.

Abhängig vom Alkohol

1989 heiratete ich meinen 1. Mann. Er ist Jamaikaner, und wir waren schon eine Weile zusammen. Er hatte einen Studienplatz in Berlin, als wir uns wegen der Aufenthaltsgenehmigung zur Heirat entschlossen. Ende 1989 wurde klar, dass ich alkoholabhängig war. Jetzt hatte ich auch Entzugserscheinungen, die sich mit morgendlichem Zittern, Schweißausbrüchen und Übelkeit zeigten. Zusätzlich hatte ich auf Entzug totale Angstzustände, die mich sogar nachts aufweckten. Mit dem ersten Schluck Wodka bzw. Weinbrand waren diese Zustände wieder weg. Und ich konnte weiterschlafen. Trotzdem stand mein damaliger Ehemann – für mich unfassbar – treu zu mir und meinem Sohn. Den ersten klinischen Entzug (3 Wochen) machte ich im Dezember 1989. Aber ich wurde rückfällig. Ich ging auch in eine Alkoholiker-Selbsthilfegruppe. Im Jahr 1990 machte ich zwei klinische Entzüge – umsonst. Nach dem dritten Rückfall konnte mein Mann nicht mehr und wir trennten uns. Auch eine Umschulung zur Rechtsanwaltsgehilfin 1990 musste ich wegen des Alkohols abbrechen.

Kampfesgeist, es doch noch zu schaffen

Ich war in der Zeit immer wieder in die Gemeinschaftsstunden gegangen. Die Ruhe und der Frieden, den ich dort spürte, taten mir gut. Immer mehr erfuhr ich von der Lehre Bruno Grönings. Aber so vieles stieß bei mir auf Unverständnis, z. B. wenn von Gut und Böse die Rede war. Nach einem Gespräch mit der Leiterin des Freundeskreises Frau Häusler sah ich alles aus einem anderen Blickwinkel, und aus dieser Erkenntnis entwickelte sich in mir ein Kampfgeist, es doch noch zu schaffen.

Ende des Jahres machte ich Urlaub auf Kreta. Ich war ungefähr ein Jahr trocken und wurde doch wieder rückfällig! Es ergab sich dann eine Situation, dass ich nachts allein unterm Sternenzelt auf einem Berg saß und mein Leben so vor mir sah. Ich war so verzweifelt, dass ich mich schon wieder in der Abwärtsspirale des Elends drehte und einfach nicht herauskam. Aus dem innersten Herzen kam die Frage: Lieber Gott, was soll ich nur tun? Da kam ganz deutlich der Gedanke: Geh in deine Heimat nach Reddien!

In Berlin angekommen, ging es mit mir noch mal reichlich bergab – mit Haschisch, Alkohol, Speed und Kokain. Es musste etwas passieren! Da kam mir der Gedanke vom Berg wieder. Aber wie sollte das gehen? Ich wusste nicht wie – wo sollte ich hin in Reddien, wo ich doch mit meiner Mutter entzweit war, sie von dem Alkoholproblem nichts wusste und wir lange nichts voneinander gehört hatten? Ich hatte doch kein Geld, keinen Führerschein, und was hätte ich bei uns auf dem Land schon arbeiten können? Ich musste auch vorher noch eine Entziehungskur (die 4.) machen ... Würde ich einen Platz in der Klinik bekommen? Wo sollte ich mein Kind solange lassen?

Der Weg aus dem Elend

Bis dahin hatte ich immer selber gekämpft, um aus meinem Loch herauszukommen – und dazu noch ziemlich erfolglos. Nun wusste ich nicht mehr weiter. Ich stellte mich auf den Empfang des Heilstroms ein und bat Bruno Gröning aus tiefstem Herzen, mir zu helfen.

An diesem Abend rief meine Mutter unverhofft selbst an. Von da an ging eins ins andere. Meine Mutter ließ den Kleinen, Katze, Hund und meine Sachen holen. Drei Tage später, am 10.1.1991 hatte ich einen Klinikplatz zum Entzug. Es war mir so ernst, dass dies das letzte Mal sein sollte. In meinem Herzen bat ich Bruno Gröning, mich in seine Hände legen zu dürfen. Danach habe ich weder Alkohol noch sonstige harte Drogen angefasst.

Ich ging nach Reddien, stellte mich regelmäßig auf den Heilstrom ein und besuchte die Gemeinschaftsstunden. Ich lebte 2 Jahre bei meiner Mutter, bevor ich 1993 ein eigenes kleines Häuschen beziehen konnte. Anfang des Jahres machte ich den Führerschein und begann eine Ausbildung zur Arzthelferin, die ich im Juni 1995 erfolgreich abschloss. Durch zwei weiterführende Kurse zur EDV-Sekretariatsfachkraft und zur Arztsekretärin baute ich meine Ausbildung aus. 1994 habe ich mich von meinem 1. Mann scheiden lassen, um auch dort einen Schlussstrich unter meine Vergangenheit zu setzen. Am 14.1.1998 heiratete ich meinen jetzigen Mann. Seit gut drei Jahren bin ich in der häuslichen Krankenpflege tätig.

Was jetzt mit ein paar Jahreszahlen versehen so kurz aufgezählt ist, zeigt nur grob, dass mein Weg seit über 12 Jahren stetig voran aus dem Elend herausging. Seit ich Bruno Gröning als meinen Lehrmeister angenommen habe, ist in mir eine nie gekannte Ruhe und Gelassenheit eingetreten. Ich lebe glücklich und zufrieden ohne ein Bedürfnis nach Drogen und darf mich bester Gesundheit erfreuen.

Durch die Drogen und den Alkohol konnte ich meinem eigenen Gefühl nicht mehr trauen. Durch Bruno Grönings Führung in meinem Leben habe ich das Vertrauen auf mein eigenes Gefühl wiedergefunden. Mein Leben hat wieder einen Sinn: Ich habe durch mein Erleben eine Überzeugung gewonnen, durch die ich auch anderen Menschen weiterhelfen darf. Besonders engagiere ich mich für Menschen mit Suchtproblemen im Raum Hamburg.

Psychologische Stellungnahme:

Im Mittelpunkt der schweren Drogenabhängigkeit von Frau M. steht der immer wiederkehrende innere Zwang, regelmäßig eine Substanz (Droge) zu konsumieren. Die Auswahl einer bestimmten Droge ist bei einer Politoxikomanie eher zweitrangig. So lässt sich auch die Verschiebung der Abhängigkeit von Heroin auf Alkohol erklären. Nach drei gescheiterten stationären Entgiftungen und einer über 20-jährigen Drogenkarriere findet Frau M. 1986 zum Bruno Gröning-Freundeskreis. Dadurch gewinnt sie zunehmend Halt und Glaubenskraft. Schließlich gelingt es ihr, handlungsorientiert auf eine positive Zukunft hin zu arbeiten. Sie unternimmt 1991 einen vierten Entgiftungsversuch und setzt sich dabei intensiv mit der Lehre Bruno Grönings auseinander. Sie hat die Kraft, den Wohnort zu wechseln und sich mit ihrer Mutter auszusöhnen. Sie beginnt ein neues, drogenfreies Leben in ihrem Heimatort.

Dass eine so langwierige und tief greifende Abhängigkeit von den verschiedensten Substanzen (Drogen) innerhalb einiger Jahre der Zugehörigkeit zum Bruno Gröning-Freundeskreis zu einer nun schon über 13 Jahre andauernden Stabilisierung beigetragen hat, ist für mich als Psychologe eindrucksvoll und außergewöhnlich. Auch in Krisensituationen hat Frau M. nicht wieder zur Flasche gegriffen. Das widerspricht in jeder Hinsicht der üblichen Prognose.

U. T., Diplom-Psychologe

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