Heilung von Alkoholabhängigkeit

R. S. (59), Bremen (Deutschland)

R.S.

Seit meinem 16. Lebensjahr habe ich Alkohol getrunken. Zum Beispiel trank ich bei einer Verlobung 21 Gläser Korn. Danach habe ich nichts mehr gemerkt. Ich trank auch bei geselligen Anlässen wie z. B. Kirmes oder Schützenfest, aber vor allem allein im Elternhaus, z. B. Südwein oder Bier. Während meiner Bundeswehrzeit 1963-66 habe ich besonders an den Wochenenden eine Flasche Wermut getrunken. Besonders stark und fortwährend trank ich in den 30er Jahren meiner aktiven Handelsschifffahrtszeit. Ich begann mit 24 Jahren auf einem Hochsee-Fischdampfer und hörte im April 1996 mit 53 Jahren auf einem Containerschiff auf.

Pflichttrinken mit dem Kapitän

Nach den vielen Jahren der aktiven Seefahrt wurde mir durch einen Test in einer Zeitung bewusst, dass ich all die Jahre praktisch keine drei Tage ohne Alkohol gelebt hatte. An Bord sah es jahrelang meist so aus: Vor dem Mittagessen „Pflichttrinken“ mit dem Kapitän, mindestens drei dreifache Bacardi-Cola, vor dem Abendessen „Pflichttrinken“ mit dem Kapitän, mindestens drei dreifache Barcardi-Cola. Entweder wurde nach der Abendwache ab 20 Uhr beim Kapitän oder bei anderen Seeleuten weiter getrunken oder aber allein in der Kammer, wo der Griff automatisch zum Kühlschrank ging, und das Trinken bis zum „normalen Müdesein“ fortdauerte. Wenn Kollegen dazukamen oder ich auf die Suche nach deren offenen Kammertüren ging, wurde es oft spät nach Mitternacht. Dieser Rhythmus verschob sich abends nur dann, wenn wir gerade in einen Hafen einliefen, die Behörden an Bord kamen usw. Meist lag danach aber „Entspannungstrinken“ an. Von den Landgängen in den Häfen gar nicht zu reden, wo erst vorher an Bord ordentlich „vorgeglüht“ wurde und dann gings los bis weit in die Nacht mit Totalabstürzen alle paar Wochen mit anschließend fehlender Erinnerung. Trotzdem bemühte ich mich ständig, durch Tischtennisspiel und Joggen fit zu bleiben.

Als Einzelgänger von Jugend auf, ohne Freund oder Freundin, trank ich auch an Bord zu 80% allein. Neun Monate an einem Stück saß ich wie in einem Gefängnis in meiner Funkbude und trank zum Trost bzw. zum Ertragen der Situation. In meiner Nähe war immer die Kaffeetasse mit „Mischung“, versteckt zwischen den Geräten. Ansonsten war ich ein typischer „Schranktrinker“: hin zum Schrank, Schluck aus der Buddel hilft gegen alles bzw. für alles. Auch bei Landgängen habe ich zumeist allein an der Bar gehockt. Wenn die Mädels kamen, habe ich mich umso mehr auf das nächste volle Glas konzentriert.

Der Alkohol, das war mein Leben!

Daher kamen meine Abstürze in verschiedenen Ländern der Erde nicht von ungefähr. Entweder landete ich in einer Ausnüchterungszelle oder fiel kopfüber und stockbesoffen eine Treppe hinunter. Meine üblichen Entzugserscheinungen beschränkten sich auf einen Kater. Selten musste ich zum morgendlichen Funktionieren eine Kaffee/Cognac-Mischung trinken.

Der Alkohol, das war mein Leben! Er war mein Trost, Freund und Helfer bei allen Schwierigkeiten wie z. B. technischen Problemen, gegen das Alleinsein, das schlechte Wetter, einfach gegen alles. Zu Hause auf Landurlaub war es noch schlimmer, da ich ja nicht für den Job funktionieren musste. Meine damalige Frau sagte immer: „Nun lass doch mal das Glas los, stell es doch hin!“ Ich ließ das Glas nie los. Es hielt mich fest. Es war doch meine Lebenskrücke.

Endpunkt war 1996 im April der Schiffsverkauf und damit die Zwangsabmusterung der gesamten Besatzung mit ungewisser Zukunft. Nach dem Einlaufen in Miami ging der Flug zurück erst zwei Tage später, und praktisch wurde drei Tage von mir und vielen anderen durchgetrunken. Bei Ankunft im Flughafen München wusste ich nicht: Kann ich noch einen trinken, damit das Herz nicht stehen bleibt, oder bleibt es endgültig stehen, wenn ich das jetzt mache? Eines wusste ich, so geht es nicht mehr weiter.

Heilung

Anfang April 1996, beim Ende meiner Seefahrtzeit, erzählte mir meine damalige, inzwischen verstorbene Ehefrau vom Freundeskreis und Bruno Gröning, von dem ich schon als Schuljunge Bilder und Berichte in Zeitschriften gesehen hatte. Einige Wochen später wurde ich auf einem Infovortrag in Cuxhaven eingeführt.

Wenige Monate nach meiner Einführung in den Bruno Gröning-Freundeskreis verlor sich das Trinkverlangen. Dies geschah ohne Kampf, Schmerzen oder Rückfälle. Erst blieb der Schnaps weg, dann das Bier, einige „Alsterwasser“ wurden noch getrunken, mal ein Glas Wein.

Den letzten Alkohol, eine kleine Karaffe Rotwein zum Lammbraten beim Italiener, ein angebliches „Muss“, das einfach dazugehört, trank ich im November 1997. Am nächsten Morgen fühlte ich mich, als hätte ich einen richtigen Kater nach zwei oder mehr Flaschen Wein gehabt. Seitdem habe ich keinen Tropfen Alkohol mehr getrunken. Nie fühlte ich das geringste Bedürfnis dazu, es kostete mich keine Überwindung.

Ärztlicher Kommentar:

Bei Herrn S. bestand mehr als drei Jahrzehnte lang eine Alkoholabhängigkeit. Dies ist eine schwere chronische Erkrankung. In der Regel ist die Behandlung durch einen langen mühevollen Weg geprägt durch den erheblichen Wunsch nach dem Konsum von Alkohol (Suchtdruck), zumeist mit Entzugssymptomen und oft mit Rückfällen. Der erste und wichtigste Schritt hierbei ist der feste Entschluss, abstinent zu leben.

Im vorliegenden Heilungsbericht wird jedoch beschrieben, wie das Verlangen nach Alkohol fast wie von selbst verschwand. Dies ist mir aus meiner psychiatrischen Erfahrung nicht erklärbar. Üblicherweise wäre ein langwieriger Entwöhnungsprozess zu erwarten gewesen.

H. B., Ärztin

Dokumentarfilm

Documentaire:
"Het fenomeen
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Data filmvoorstellingen in vele steden wereldwijd

Grete Häusler-Verlag

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Wetenschappers aan het woord: Interessante aspecten van de leer van Bruno Gröning